Die Freimaurerloge

Die Freimaurerei im 18. Jahrhundert

Wolfgang Amadé Mozart war eines der heute bekanntesten Mitglieder der Wiener Freimaurerloge „Zur Wohltätigkeit“ und seine Zauberflöte gilt neben Lessings Nathan der Weise als das Paradebeispiel freimaurerischer Weltanschauung.1 Die Mitglieder der bis heute existierenden Freimaurerbewegung fanden sich regelmäßig zu Treffen in den sogenannten Freimaurerlogen bzw. „Bauhütten“ zusammen. Das Gedankengut, das hier ein Forum fand, reizte auch andere uns heute noch bekannte Persönlichkeiten. So konnten sich nicht nur Goethe, Lessing, Herder, Haydn und Friedrich II. von Preußen, sondern auch noch zahlreiche andere Vertreter der geistigen Elite des 18. Jahrhunderts mit den Auffassungen der Freimaurer identifizieren. Die Ideologie der Freimaurer mit ihren Idealen der Freiheit, der Gleichheit, der Brüderlichkeit, der Toleranz und der Humanität kann als charakteristische Weltanschauung für die Zeit der Aufklärung gesehen werden.2

„Die Loge ‚Zur wahren Eintracht’ ist diejenige, welche am allermeisten zur Aufklärung wirkt. […] Die besten Köpfe Wiens unter den Gelehrten, und die besten Dichter sind Mitglieder drinnen. […].3

Für einen kurzen Einblick in die Denkweise der Freimaurer sei hier ein kleiner Auszug aus Gotthold Ephraim Lessings fiktivem Dialog Ernst und Falk – Gespräche für Freymäurer (1776-1778) eingefügt:4
Entgegen der landläufigen Auffassung grenzten sich die Freimaurer von den sogenannten Rosenkreuzern und Illuminaten durch ihre andersgearteten Auffassungen ab, wenn auch angemerkt werden muss, dass durchaus eine gezielte Unterwanderung von Freimaurerlogen durch Illuminaten vorkam.5 Trotz der Verpflichtung zur Geheimhaltung der Rituale sind uns einige der freimaurerischen Aktivitäten, die in den Mauern der Loge stattfanden, schriftlich überliefert.

Die Freimaurerlogen in Wien

Im Wien Josephs II. florierte das Freimaurertum, wie auch in vielen anderen europäischen Städten. Hier existierten zahlreiche unterschiedlich geartete Logen. Wenn auch die Logen in ihrer Mitgliederzusammensetzung grundsätzlich sozial gemischt waren, so kristallisierten sich dennoch einige Unterscheidungsmerkmale zwischen den Logen heraus: In den beiden Logen „Zur wahren Eintracht“ und „Zur Wohltätigkeit“, die sich ein Lokal teilten, fand sich vor allem Bildungsbürgertum zusammen, während in der Loge „Zur gekrönten Hoffnung“ eher der (Hoch-)Adel und in der Loge „Zum heiligen Joseph“ das gewerbetreibende Bürgertum anzutreffen war.6 Intern waren die Logenmitglieder dieser sogenannten Johannislogen in drei Grade unterteilt: den Lehrlingsgrad, den Gesellengrad und den Meistergrad. Der Übergang eines Freimaurers von einem Grad in den nächsten wurde durch ein feierliches Ritual zelebriert.

Die soziologische Struktur zeichnet sich dadurch aus, dass gesellschaftlichen Schranken innerhalb der Loge durch das Ideal der Brüderlichkeit und der Gleichheit zunächst wenig Bedeutung beigemessen wurde.7 In Mozarts Loge „Zur Wohltätigkeit“ waren im Jahr 1785 ca. 43% Verwaltungsbeamte, 12% Universitätslehrer, 10% geistliche Berufe und 9% Künstler Mitglied. Weit weniger präsent waren Handels- und Bankberufe (6%), Militärberufe (6%), Handwerker- und Dienstleistungsberufe (4%), Mediziner (3%) und sonstige Berufsgruppen (9%).8 Das Durchschnittsalter betrug hier ungefähr 33-35 Jahre.9
Wenn sich auch durchaus eine soziale Heterogenität innerhalb dieser Loge feststellen lässt, so lässt sich dennoch beobachten, dass das Bürger- und Kleinbürgertum deutlich überrepräsentiert war. Dass die Loge auch für Menschen aus ärmeren Schichten zugänglich war, lässt sich jedoch allein schon angesichts möglicher Aufnahmegebühren von 45 Gulden und später anfallenden Beförderungsgebühren in den Gesellengrad (15 Gulden) und Meistergrad (30 Gulden) bezweifeln.10 Eine „Dispensierung von den Taxen“ war jedoch zumindest in der Loge „Zur wahren Eintracht“ nachweislich möglich.
Am 11. Dezember 1785 sorgte ein Handbillet Kaiser Josephs II. für ein jähes Einhalten des blühenden Freimaurertums. Angeordnet war eine Umorganisation der Logenstruktur, die eine Reduzierung auf drei Logen in Wien vorschrieb. Auf ähnliche Weise hatte dies im geistlichen Bereich bereits zwei Jahre zuvor stattgefunden. Überdies sollten nun die Mitgliederlisten polizeilich erfasst werden. Diese Maßnahmen verletzten zum einen die Geheimhaltungspflicht der Maurer, zum anderen auch die interne Struktur der Logen, da nun verschieden geartete Logen künstlich in drei Wiener Sammellogen zwangsvereinigt wurden. Diese kaiserliche Logenreform erfuhr vor allem seitens der Logenmitglieder herbe Kritik und Empörung.

Mozart als Freimaurer

Mozart trat am 14. Dezember 1784 der erst im Vorjahr gegründeten Loge „Zur Wohltätigkeit“ bei und folgte damit dem Beispiel vieler seiner Wiener Freunde, Bekannten und Förderer. Auf einer der Subskriptionslisten zu seinen Mittwochskonzerten im Trattnersaal vom März 1784, also vor Mozarts Beitritt, ist die außergewöhnlich hohe Anzahl von Freimaurern auffällig.11 Es scheint demnach auf beiden Seiten eine Affinität und ein immerhin ästhetischer Grundkonsens bestanden zu haben. Mit Sicherheit beweisen kann die oben genannte Liste jedoch nur, dass Mozart sich bereits vor seiner Aufnahme in die „Wohltätigkeit“ im entsprechenden sozialen Umfeld bewegte. Was genau der Bewegrund für Mozarts Beitritt zur Loge war, ob er ein Gefühl von künstlerischer Vereinsamung spürte und deshalb auf der Suche nach einer brüderlichen Freundschaft war, lässt sich nur vermuten.12 Auch der Aspekt des Modischen darf wohl nicht unterschätzt werden. Sogar Mozarts Vater Leopold Mozart fühlte sich zu der Geisteshaltung der Freimaurer hingezogen und ließ sich im April 1785, gegen Ende seines Wienaufenthalts, ebenfalls in eine Wiener Loge aufnehmen.
Mozarts Werk umfasst zahlreiche freimaurerische Komposition, so zum Beispiel das Lied zur Gesellenreise (KV 468), die Kleine Freimaurer-Kantate (KV 623), die Maurerische Trauermusik (KV 477/479a) und die Zauberflöte (KV 620). Ziel dieser Werke war häufig, das Gefühl von Einheit, Brüderlichkeit und die maurerische Humanitäts- und Bildungsauffassung zu stärken; aber auch zu rituellen Zwecken konnte Mozarts Musik dienen.13

  1. Vgl. Wilhelm Quenzer: Freimaurerei. In: Theologische Realenzyklopädie, Bd. 11. Berlin/New York 1983, S. 565. []
  2. Vgl. Katharine Thomson: Mozart and Freemasonry. In: Music & Letters 1, 1976, S. 25; Harald Strebel: Der Freimaurer Wolfgang Amadé Mozart. Wien 1991, 9-10. []
  3. Johann Georg Forster. Zit. nach:  Heinz Schuler: „Mozart von der Wohlthätigkeit“. Die Mitglieder der gerechten und vollkommenen St.-Johannis-Freimaurer-Loge „Zur Wohltätigkeit“ im Orient von Wien. In: Mitteilungen der Internationalen Stiftung Mozarteum 36, 1988, S. 9. []
  4. Gotthold Ephraim Lessing: Ernst und Falk – Gespräch für Freimäurer (1776-1778). In:  http://www.internetloge.de/arst/ernsufal.html, Zugriff: 31.01.2012. []
  5. Vgl. Heinz Schuler: Mozart und die Freimaurerei. Daten. Fakten. Biographien. Wilhelmshaven 1992, S. 18. []
  6. Vgl. Schuler 1992, S. 13; Strebel 1991, S. 14-15, 47. Harald Strebel bezeichnet die Loge „Zur wahren Eintracht“ gar als eine Art Elitevereinigung. Mozarts Loge "Zur Wohltätigkeit“ verband eine enge Zusammenarbeit mit der Loge „Zur wahren Eintracht“. []
  7. Vgl. Schuler 1992, S. 11. []
  8. Sozialstatistik. Zit. nach: Heinz Schuler: Mozart und die Freimaurerei. Daten. Fakten. Biographien. Wilhelmshaven 1992, S. 21. []
  9. Vgl. Schuler 1992, 21. []
  10. Protokoll der Loge „Zur wahren Eintracht“, 7 Februar 1785. Zit. nach: Schuler: 1992, S. 167-168. Diese Daten beziehen sich auf die Loge „Zur wahren Eintracht“. []
  11. Vgl. Schuler 1992, S. 36. []
  12. Vgl. Alfred Einstein: Mozart. Sein Charakter – sein Werk. Frankfurt am Main 2006, S. 98. []
  13. Vgl. Katharine Thomson: Mozart and Freemasonry. In: Music & Letters 1, 1976, S. 29. []