Wohnung Nr. 3 – Stadt 1175

Heute: Graben 17

 „Ich schreibe ihnen nun in meinem Neuen Zimmer. auf dem graben N:° 1175 im 3:ten stock“ ((Brief vom 5. September 1781. In: Briefe und Aufzeichnungen, Bd. 3. Hrsg. von Wilhelm A. Bauer/Otto Erich Deutsch. Kassel 2005, S.154.))

Dieses Zimmer befand sich in einem repräsentativen vierstöckigen Bau mit Blick auf das Haus "Zum goldenen Hirschen"1. Das Haus Nummer 1175 hatte zwei sprungbereite Löwen als imposante Simsfiguren, die in Richtung Peterskirche blickten.2 Wolfgang Amadé Mozart wohnte von Ende August 1781 bis Juli 1782 darin und vollendete sein Singspiel Die Enführung aus dem Serail.
Wie heute war der Graben das Zentrum Wiens. Hier fand die Wiener Bevölkerung zahlreiche Geschäfte und  Unterhaltung bis spät in die Nacht. Mozart schien dieser Trubel jedoch Sorgen bereitet zu haben, denn er schrieb an seinen Vater:

"ich habe es [das Zimmer] mit fleiß nicht auf die gasse genommen wegen der Ruhe."3

Das Haus setzte sich zusammen aus „neunzehn Zimmern, zehn Kammern, 3 Küchen, 3 Böden, 2 Kellern, 1 Wagenstall, Stallungen für 6 Pferde und ein Heugewölbe“.4 Es war im Besitz von Theresia Contrini, die jedoch nur ein Zimmer, ebenfalls im dritten Stock, bewohnte, und Jakob Joseph Kesenberg.
Die Geschäftsgewölbe waren an drei verschiedene Händler, das übrige Haus an den kaiserlichen Hoffaktor Adam Isaac Arnsteiner vermietet. Dieser lebte hier nicht nur mit seiner Familie, sondern auch  mit einer großen Zahl an Personal, Kanzleigehilfen und Buchhaltern; einige gewiss auch Tür an Tür mit Mozart.5

„ [...] ich habe nur ein einziges zimmer, welches nicht groß, und schon ganz durch kasten, tisch und klavier, so voll ist, daß ich nicht wüsste wo mann noch ein Bett hinstellen könnte. – und in einem Bett schlafen – mag ich mit niemand, als mit meiner zukünftigen frau.“6

Dieser letzte Satz, den Mozart so beiläufig anfügte, deutet schon an, dass Mozarts Heiratsabsichten mit Constanze Weber fortgeschritten waren. Seinem Vater jedoch erzählte er noch nichts davon. Auch musste Mozart auf die Einnahmen für Die Entführung aus dem Serail warten, denn ohne diese war an eine Heirat und ein gemeinsames Leben mit Constanze nicht zu denken.7

 

  1. Die verbreitete Angabe, das Haus habe sich an der Ecke zur Habsburgergasse befunden und sei mit Blick auf den nordwestlichen der beiden Brunnen ausgerichtet gewesen, ist falsch. Vielen Dank für diesen freundlichen Hinweis an Dr. Michael Lorenz. []
  2. Vgl. Volkmar Braunbehrens: Mozart in Wien. München 2006, S.75 ff. []
  3. Brief vom 29. August 1781. In: Bauer/Deutsch (Hrsg.) 2005, Bd. 3, S. 153. []
  4. Hilde Spiel: Fanny von Arnstein oder die Emanzipation. Ein Frauenleben an der Zeitwende 1758-1818. Frankfurt a. M. 1962, S. 54 ff. Zit. nach Braunbehrens 2006, S. 76. []
  5. Vgl. Braunbehrens 2006, S. 76. []
  6. Brief vom 17. November 1781. In: Bauer/Deutsch (Hrsg.) 2005, Bd. 3, S. 174. []
  7. Vgl. Braunbehrens2006, S. 84. []