Le nozze di Figaro – Kein Triumph in Wien? (KV 492)

Le nozze di Figaro

Inhalt der Oper

Der Graf Almaviva hat in Folge der Aufklärung „Das Recht der ersten Nacht“ (ius primae noctis) aufgehoben. Nun bedauert er sein vorschnelles Handeln, denn er ist in Susanna, die Kammerzofe seiner Gattin vernarrt. Diese will ausgerechnet seinen Kammerdiener Figaro heiraten. Graf Almaviva plant deshalb die Trauungszeromonie hinauszuzögern. Schließlich will er die Liebe von Susanna gewinnen. Die Handlung spielt um 1780 und findet am Tag der bevorstehenden Hochzeit von Susanna und Figaro in des Grafen Schloss "Aguas Frescas" statt.

Der Hintergrund

Die Uraufführung von Le nozze di Figaro fand am 1. Mai 1786 im Wiener Burgtheater statt. Es scheint verwunderlich, dass Mozart es geschafft hat Kaiser Joseph II. zu überzeugen, seiner Opera buffa in 4 Akten die Genehmigung zu erteilen. Die Vorlage lieferte die Komödie La Folle Journée ou le Mariage de Figaro von Pierre Augustin Caron de Beaumarchais. Das umgearbeitete Libretto stammt von Lorenzo Da Ponte.
Eigentlich war am 3. Februar 1785 die deutsche Erstaufführung der Komödie im Wiener Kärntnertortheater geplant. Doch der Kaiser ließ die Vorstellung ausfallen. Im „Wienerblättchen“ erschien am darauffolgenden Tag das Verbot:

 „Die Hochzeit des Figaro ist gestern nicht aufgeführt worden und hat selbiges, nach der dem Publiko in dem gestrigen Anschlagzettel mitgeteilten Nachricht, die Censur, zwar zum Drucke aber nicht zur Vorstellung erhalten.“1

Damit reagierte Joseph II. genau wie schon Ludwig XVI. seinerzeit in Paris. Auch dieser ließ das Stück verbieten. Sogar Napoleon soll sich zu Beaumarchais' gesellschaftskritischer Komödie mit den Worten "Das war schon die Revolution" geäußert haben.

Der Aufführungsort

Mozart nahm sich aus eigenem Verlangen dem gesellschaftskritischen Stoff mit großer musikalischer Brillanz an. Er notierte Le nozze di Figaro  im „Verzeichnüß aller meiner Werke“ als Opera buffa.  Allerdings sprechen Musikwissenschaftler heute von einer Art Verschmelzung zwischen Opera buffa und Opera seria.
Die Wiener Opernbühne sah sich also mit einer  Kritik an der herrschenden Klasse konfrontiert, deshalb wirkt das Burgtheater als gewählter Premiereort etwas irritierend auf den ersten Blick. War doch Kaiser Joseph II. darauf bedacht nur fröhliche Stücke auf die Bühne zu bringen, um seine adligen Zuschauer frohmütig zu wissen. Eine Komödie ist diese Oper wohl. Doch wer lacht hier über wen? In Le nozze di Figaro beherrscht nicht der Adel das Geschehen, sondern das Dienerpaar Susanna und Figaro. Und das Verhalten des Grafen Almaviva trägt nicht gerade zu hohem Ansehen oder gar Bewunderung bei.
Die Gefahr, die kaiserlichen Zuschauer zu verstimmen, bestand jedoch nicht, eher die Gefahr der Langeweile. Kaiser Joseph II. hätte einer Aufführung nie zugestimmt, wenn er nicht von der Qualität und dem Inhalt der Oper überzeugt gewesen wäre.

Die Aufführung  Ein Triumph?

Über den Erfolg der Oper wird noch immer viel spekuliert. War Le nozze di Figaro in Wien ein Triumph beschert oder nicht? Ein Uraufführungsbericht über die Oper Le nozze di Figaro aus der Wiener Realzeitung vom 11. Juli 1786 lässt darauf schließen, dass es geteilte Meinungen gegeben hat. Hier heißt es:

„Das Publikum zwar (und dem Publikum begegnet dieses oft) wußte am ersten Tage nicht eigentlich, wie es daran war. Es hörte manches Bravo von unpartheiischen Kennern, aber ungestümme Bengel im obersten Stockwerke sprengten ihre gedungenen Lungen nach Kräften an, um mit ihren St! und Pst! Sänger und Zuhörer zu betäuben; und folglich waren mit Ende des Stücks die Meinungen getheilt.“2

Auch negative Kritiken anderer Zeitungen werden erwähnt:

„Einige Zeitungsschreiber beliebten zu erzählen, Herrn Mozarts Oper habe ganz und gar nicht gefallen. Es läßt sich errathen, von welcher Art Korrespondenten seyn müssen, die dergleichen offenbare Lügen in den Tag hineinschreiben. Ich glaube es ist genügsam bekannt, daß eben die dritte Vorstellung dieser Oper und die in selber so häufig anverlangten Wiederholungen die Ursache waren, warum einige Tage darauf auf allerhöchsten Befehl öffentlich bekannt wurde, es sey in Hinkunft verbothen, in den Singspielen kein Stück mehr, das aus mehr als einer Stimme besteht, wiederholen zu lassen.“3

Mozart selbst leitete die Uraufführung von seinem Cembalo aus. Und wie in dem Artikel der  Wiener Realzeitung deutlich wird, war das Werk erfolgreich.

„Bei der zweiten und dritten Aufführung wurden so viele Wiederholungen verlangt, dass der Kaiser am 9. Mai regulierend eingriff, damit einerseits die Opern nicht zu lange dauerten, andererseits die Ruhmsucht der Sänger befriedigt wurde.“4

Trotzdem wurde Le Nozze di Figaro nach nur neun Vorstellungen abgesetzt. Das bedeutet wohl, dass der Erfolg in Wien nicht von langer Dauer war.

  1. Attila Csampai/Holland Dieter: Wolfgang Amadeus Mozart. Die Hochzeit des Figaro. Hamburg 1991, S.303. []
  2. Zit. nach Csampai/Holland 1991, S.266. []
  3. Zit. nach Csampai/Holland 1991, S. 266. []
  4. Daniel Brandenburg: Forschungsinstitut für Musiktheater Bayreuth. Mozarts Opern. München 2005, S. 155. []