Klavierkonzerte – Mehr als Musik

Mozarts Klavierkonzerte werden heute sowohl für sein persönliches Werk wie auch für die historische Kanonbildung als besonders wertvoll angesehen. Zwar sind andere Werkgruppen ebenso mit Mozarts musikalischem Vermögen durchsetzt, die Klavierkonzerte stellen aber besonders in der Wiener Zeit neben seinen Opern einen Grossteil seines Werkes dar und werden ebenso als Krönung der noch jungen Gattung „Klavierkonzert“ angesehen.1 Es entstanden im Zeitraum von 1782 bis 1791 genau 17 Klavierkonzerte, die Mozart zumeist selbst aufführte. Insgesamt schrieb Mozart 30 Klavierkonzerte.2 Musikalisch nahmen insbesondere Johann Christian Bachs Sonatensätze auf Mozarts Klavierkonzerte Einfluss.3 Neben dem hohen musikalischen Wert, den die Konzerte für uns heute besitzen, hatten sie für Mozart einige günstige wirtschaftliche „Nebeneffekte“, die nicht als unwesentlich für ihre Entstehung bewertet werden sollten.

SUBSKRIPTIONSKONZERTE

Die meisten der Mozartschen Akademien4 waren sogenannte Subskriptionskonzerte, die hauptsächlich vom wohlhabenden Adel besucht wurden. Bis heute hat sich das Abonnementkonzert als beliebte „Bezahlform“ erhalten. Für einen gewissen Beitrag konnten mehrere Konzerte eines Komponisten besucht werden, der dadurch den Vorteil genoss, bei den Konzerten ein gesichertes Publikum und damit einhergehend ein gesichertes Einkommen zu erhalten. Zusätzlich zum wirtschaftlichen Faktor erhielt der Komponist durch diese Konzerte Rang und Namen. Diese Bekanntheit war unerlässlich, um sich im öffentlichen Konzertleben Wiens von anderen Komponisten abzuheben. Mozart wurde so nicht nur als Komponist, sondern auch als Pianist, Konzertveranstalter und Klavierlehrer schnell bekannt.

Bereits im Winter 1782/83 hatte Mozart eine solche Konzertreihe organisiert und führte dieses Prinzip in den kommenden Jahren jeweils zyklisch im Winter oder frühzeitig im Frühling fort. Am 17. März 1784 beispielsweise spielte er sein Klavierkonzert KV449 im privaten Konzertsaal im Trattnerhof vor, welches er seiner Schülerin Babette von Ployer widmete. In den kommenden zwei Wochen, also am 24. März und 31. März spielte er jeweils ein weiteres Klavierkonzert, nämlich KV450 und KV451. Eines dieser Konzerte erklang höchstwahrscheinlich neben den Symphonien KV425 und KV385 am 1. April 1784 im Burgtheater, wo Mozart auch das Bläserquintett KV452 aufführte.5
Das Klavierkonzert KV456 widmete er wahrscheinlich der blinden Pianistin Maria Theresia Paradis.6 Er führte es bei der dritten Reihe seiner Subskriptionskonzerte auf, die am 13. Februar 1785 begannen. Bei dieser Konzertreihe war auch sein fürsorglicher Vater Leopold anwesend, der sich einen Überblick über Mozarts Leistungen in Wien verschaffen wollte und bereits am 11. Februar im Saal „Zur Mehlgrube“ das Klavierkonzert KV466 hören konnte. Welch großen Erfolg Mozart mit diesen Konzerten hatte, kann man im Brief vom 10. April 1784 lesen:

„Durch meine drei Souscriptionsakademien habe ich mir sehr viel Ehre gemacht. Auch meine Akademie im Theater ist sehr gut ausgefallen. Ich habe zwei große Konzerte geschrieben und dann ein Quintett für Oboe, Klarinetto, Korno, Fagotto und Pianoforte, welches außerordentlichen Beifall erhalten; ich selbst halte es für das Beste, was ich noch in meinem Leben geschrieben habe. Ich wollte wünschen, Sie hätten es hören können! und wie schön es aufgeführt wurde! Übrigens bin ich, die Wahrheit zu gestehen, gegen das Ende hin müde geworden von lauter Spielen, und es macht mir keine geringe Ehre, daß es meine Zuhörer nie wurden.“7

So haben die Konzerte Mozart nicht nur „viel Ehre gemacht", seine Zuhörer schienen in ihrem Enthusiasmus sogar noch überschwänglicher gewesen zu sein, als der Komponist selbst.

MUSIK, WERBUNG, GELD

Die Klavierkonzerte wurden hauptsächlich für diese Subskriptionskonzerte komponiert, die einen großen wirtschaftlichen Faktor in Mozarts Leben darstellten. Wie wichtig ihm die Klavierkonzerte als Einnahmequelle waren, die er dem Vater regelmäßig nach Salzburg zur Abschrift sandte, lesen wir im Brief vom 26. Mai 1784:

„Ich will gerne gedult haben, bis ich sie8 wieder zurückerhalte – nur daß sie kein Mensch in die hände bekömmt. – ich hätte erst heute für eines davon 24 Duckaten haben können; - ich finde aber daß es mir mehr Nutzen schafft wenn ich sie noch ein paar Jährchen bey mir behalte, und dann erst durch den Stich bekannt mache.“9

Mozart schlägt quasi zwei Fliegen mit einer Klappe: durch das Zurückhalten der Komposition verhindert er allzu schnelle „Raubkopien“ (Heute fällt eine Komposition natürlich unter das Urheberrecht, zu Mozarts Zeit gab es solche Institutionen aber nicht.)) und somit einen Verlust von Einnahmen durch den zu frühen Verkauf des Stichs und kann die Konzerte öfter als einmal aufführen, bevor das Publikum sie bereits zu Hause am heimischen Klavier spielen kann.

ORT UND PUBLIKUM

Die Klavierkonzerte sind unter den Werkgattungen wohl mit den zahlreichsten unterschiedlichen Orten verbunden. Neben dem persönlichen Mozart-Konzertsaal im Trattnerhof wurden sie eben auch im Burgtheater, das zu Mozarts Zeit auf Grund der schwierigen finanziellen Situation des Theaters auch auf zusätzliche musikalische Aufführungen angewiesen war, und im Kasino „Zur Mehlgrube“ aufgeführt. Auch in weiteren persönlichen Sälen, wie dem Saal des Hoftraiteurs Ignaz Jahn wurden Klavierkonzerte gegeben.10 Diese vielfältigen Konzertorte und die Tatsache, dass die mit diesen Sälen verbundenen Adligen hohen Einfluss in Wien genossen, begründeten Mozarts Ruhm in Wien. Nicht zuletzt ist das Klavierkonzert diejenige Gattung, in der der Klaviervirtuose am besten sein Können zeigen kann, so dass Mozart diese Gattung wohl bewusst wählte, um eben diese Vorteile in Wien schnell erringen zu können.

  1. Vgl. Claudia Maria Knispel: Klavierkonzerte. Einleitung. In: Mozart Handbuch. Hrsg. von Silke Leopold. Kassel 2005, S. 163. []
  2. Hierbei sind sieben Konzerte, die sogennanten Pasticcio-Konzerte, keine eigenständigen Werke, sondern Klavierkonzerte nach unterschiedlichen Komponisten, denen Mozart eine Nachkomposition widmete. []
  3. Vgl. Bearbeitungen von drei Sonaten Johann Christian Bachs 1772. []
  4. Das Wort „Akademie“ kann synonym mit „Konzert“ übersetzt werden. []
  5. Vgl. Mozart. V. Erfolgsjahre in Wien 1784 bis 1787. In: Die Musik in Geschichte und Gegenwart (MGG). Allgemeine Enzyklopädie der Musik, Bd. 12. Kassel 2005, S. 630f. []
  6. Dies ist jedoch bis heute nicht bewiesen. Vielen Dank für diesen freundlichen Hinweis an Dr. Micheal Lorenz. []
  7. Brief vom 10. April 1784. In: Briefe und Aufzeichnungen, Bd. 3. Hrsg. von Wilhelm A. Bauer/Otto Erich Deutsch. Kassel 2005, S. 309. []
  8. Die Klavierkonzerte KV450, KV451 und KV453. []
  9. Brief vom 26. Mai 1784; Bauer/Deutsch 2005, S. 315. []
  10. Hier Mozarts letzte öffentliche Akademie am 4.3.1791 mit dem Klavierkonzert KV595. []