Ignaz Jahn – Ein Hoftraiteur und Konzertveranstalter

In der Himmelpfortgasse 6, wo heute das "Café Frauenhuber" steht, befand sich von 1788 bis 1808 im ersten Stock des Gebäudes der Jahn'sche Saal, benannt nach dem Hoftraiteur, d.h. Hofkoch und Restaurantbetreiber, Ignaz Jahn. Dieser Saal entwickelte sich in den neunziger Jahren des 18. Jahrhunderts zu einer recht erfolgreichen Konzertstätte der Wiener Innenstadt. Mozart führte hier seine Bearbeitung des Händelschen Oratoriums Acis und Galatea KV 566, sowie das Klavierkonzert in B-Dur KV 5951 auf. Zwei Jahre nach Mozarts Tod wurde das Requiem KV 626 hier uraufgeführt. Auch Beethoven nutzte den Jahn'schen Saal als Uraufführungsstätte seines Quintetts op. 16.

Das Konzertleben in Wien

Die Gründung des Jahn'schen Saals als Konzertstätte ist historisch im Zusammenhang mit dem aufstrebenden öffentlichen Wiener Konzertleben des ausgehenden 18. Jahrhunderts zu betrachten. Die Stadt besaß bis ins 19. Jahrhundert hinein keinen eigens dafür vorgesehenen Konzertsaal. Erst 1831 fand die Gesellschaft der Musikfreunde im Haus auf den Tuchlauben Nr. 12 einen solchen Raum.2 Bis dahin wurden Konzerte, so etwa die Fastenkonzerte, ab 1745 im Burgtheater und ab 1772 im Kärntnerthortheater gegeben. Beide höfischen Theater wurden ab den achtziger Jahren auch an private Musiker zur Abhaltung von Subskriptionsakademien, d.h. Abonnementkonzerten, vermietet.3
Diese Subskriptionsakademien boten Musikern, Instrumentalvirtuosen und Komponisten sowohl die Möglichkeit, sich dem Wiener Publikum zu präsentieren, als auch eine zusätzliche finanzielle Einnahmequelle. Dementsprechend stiegen die Anzahl dieser Akademien und die Nachfrage nach geeigneten Räumlichkeiten. Bald entstanden vom Hof unabhängige bürgerliche Spielstätten wie der Saal Zur Mehlgrube, das Trattner'sche Casino und eben der Jahn'sche Saal.

Die Räume des Ignaz Jahn

Der 1744 in Ungarn geborene Ignaz Jahn kam 1772 in königliche und kaiserliche Dienste, als er zum Hoftraiteur von Schönbrunn ernannt wurde. Im Dezember 1774 schrieb Kaiser Joseph II. eine weitere Traiteurstelle im Augarten aus:

„Es werden demjenigen, der die vorteilhaftesten, angenehmsten und sichersten Bedingungen vorschlagen wird, die gesammten Gebäude, so in einem großen Vorzimmer, 4 Zimmern und 2 großen Sälen, sonst einer großen Kuchel, Speis und einer geräumigen Wohnung bestehen, umsonst überlassen werden, in diesem wird er nach bestem Wissen das Publikum bedienen und wird er in seinen Vorschlägen sich auszulassen haben, wie es selber sich zu gebrauchen gedenke, da ihm alles dasjenige allda freistehen solle, was die Gesetze in anderen Gärten und Tanzsälen gestatten.“4

Diese Ausschreibung stand in Zusammenhang mit der Öffnung des ehemals dem Hof vorbehaltenen Augartens für die Allgemeinheit durch den Kaiser 1775. Ab 1782 konnten die sogenannten Morgenkonzerte in den Räumlichkeiten seines neuen Restaurants (dem Gartengebäude, das heute eine Porzellanmanufaktur ist) stattfinden, organisiert von Jacques Martin. Mozart trat beim ersten dieser Konzerte am 26. Mai 1782 mit einer Symphonie und einem Konzert für zwei Klaviere auf.5
Schon seit Anfang des Jahres 1774 besaß Ignaz Jahn ein Lokal in der Wiener Innenstadt. Zwar kaufte er das Haus in der Himmelpfortgasse erst 17926, doch ist er vermutlich schon vorher dorthin gezogen, denn Ende 1788 fand dort die Aufführung des Händel'schen Oratoriums Acis und Galatea in der von Mozart bearbeiteten Fassung KV 566 statt.7
Jahn verfügte allerdings nicht über ein eigenes Orchester. Er hatte jedoch eine kleine Hauskapelle, die aber nicht an den Konzertabenden spielte, sondern während des Restaurantbetriebs die Gäste mit „Tafelmusik“ beglückte. Die konzertierenden Musiker mussten sich ihr Orchester also selber organisieren.
Häufig wird geschrieben, Mozart sei hier am 4. März 1791 auf seinem letzten öffentlichen Konzert als Pianist, einer Akademie des Klarinettisten Joseph Beer, aufgetreten. Er habe dort das Klavierkonzert in B-Dur KV 595 gespielt. Dies ist jedoch nicht bewiesen.8 Am 2. Januar 1793 kam es zu der von Gottfried van Swieten organisierten Uraufführung des Requiems KV 626.

Das Ende des Jahn'schen Saals

Mit der Jahrhundertwende verlor der Jahn'sche Saal allerdings an Bedeutung. Die "Allgemeine Musikalische Zeitung" von 1804 bemängelt die Größe des Raumes:

„Der Jahnische Saal ist nicht hoch genug und auch zu schmal, so dass er die Wirkung der Musik beschränkt; überdies fasst er höchstens 400 Zuhörer, so dass, bey den grossen Unkosten, dem Künstler selten ein beträchtlicher kleiner Gewinn bleibt.“9

Zwar wird festgehalten, dass „dessen ungeachtet […] in diesem Jahr ein Konzert auf das andere“10 folgte, doch ist spätestens ab 1808 infolge der Inflation durch die Napoleonischen Kriege die Erfolgsgeschichte des Konzertsaals vorüber.11 Franz Jahn, der inzwischen die Geschäfte seines Vaters übernommen hatte, legte nun mehr Wert auf das Lokal im Augarten. Anstelle von großen Musikkonzerten traten in der Himmelpfortgasse nun lediglich Taschenspieler und Zauberkünstler auf. Am 6. April 1808 verkaufte Franz Jahn das Haus schließlich. 1826 gab er auch das Lokal im Augarten auf. Zwei Jahre zuvor wurde aus dem Haus in der Himmelpfortgasse ein Kaffehaus, gegründet am 18. Oktober durch Alois Hänisch, das heute den Namen Café Frauenhuber trägt.

  1. Es sollte sein letztes öffentliches Konzert sein. []
  2. Vgl. Elisabeth Fritz-Hilscher: Das 19. Jahrhundert. In: Wien Musikgeschichte. Von der Prähistorie bis zur Gegenwart. (= Geschichte der Stadt Wien, Bd. 7) Hrsg. von Elisabeth Fritz-Helscher, Helmut Kretschmer. Wien 2011, S. 296-299. []
  3. Vgl. Martin Eybl und E. Fritz-Hilscher: Vom Barock zur Wiener Klassik. In: Wien Musikgeschichte 2011, S. 230-233. []
  4. Aus dem "Wiener Diarium", zit. nach: Rudolf Klein: Musik im Augarten. In: Österreichische Musikzeitschrift 28, 1973a, S. 243. []
  5. Vgl. Klein 1973a, S. 244f. []
  6. Dies ist jedoch umstritten und laut Dr. Michael Lorenz nicht korrekt. Vielen Dank an diesen für den Hinweis. []
  7. Vgl. Rudolf Klein: Ein Alt-Wiener Konzertsaal. Das Etablissement Jahn in der Himmelpfortgasse. In: Österreichische Musikzeitschrift 28, 1973b, S. 13. []
  8. Vielen Dank für diesen Hinweis an Dr. Michael Lorenz. []
  9. Zit. ebd. []
  10. Ebd. []
  11. Vgl. Helmut Kretschmer: Musiktopographie. In: Wien Musikgeschichte 2011, S. 546f. []