Höfische Räume in Mozarts Wien

Zwischen 1638 und 1643 ließ Eleonora Gonzaga nach dem Tod ihres Mannes Ferdinand II. ein Schloss auf einem ursprünglichen Jagdgebiet und Freizeitgelände bauen. Nachdem das Schloss durch die Zweite Wiener Türkenbelagerung (1683) schwer beschädigt wurde, entwarf Johann Bernhard Fischer eine Planung für den Wiederaufbau, der aber erst 1743 von Maria Theresia (die das Schloss von ihrem Vater Karl VI. geschenkt bekam) und von Nikolaus Pacassi realisiert wurde.1 Maria Theresia wollte, dass das Schloss groß genug ist, um jedem ihrer 16 Kinder ein Zimmer bieten zu können. Die Orangerie2 selbst wurde im Jahr 1775 gebaut und gehört mit 185,27m Länge, 7,91m Höhe und 9,41m Breite3 „zu den größten Europas“ der barocken Zeit (Das Größte steht  in Versailles).4

Im Gegensatz zu seinen Eltern, legte Joseph II. nicht so viel Wert auf das Schloss Schönbrunn. Statt des eigens eingerichteten Theaters, das durch Renovierungsarbeiten unverfügbar war, benutzte er die Orangerie für das Fest im Jahr 1785-86. Laut Greisenegger musste die Orangerie eine außergewöhnlich gute Akustik gehabt haben, denn an dem Ambiente kann es nicht gelegen haben: „Die Raumtemperatur lag im Winter zwischen 10 und 15 Grad [...]. Warum wird hier in einem Nutzraum ein sechsstündiges Fest gegeben, das für die Veranstalter, wie für die Gäste, erhebliche Unbequemlichkeiten mit sich bringen musste.“5 Die spezielle Umgebung, die durch die exotischen Pflanzen entstand, gab die perfekte Stimmung für den Karneval, und somit konnten alle Gäste, der Kaiser inklusive, trotz der Temperaturen in der Orangerie, die Welt draußen vergessen.

Am 7. Februar 1786 fand in der Orangerie innerhalb dieses Festes ein Wettbewerb zwischen den Komponisten Mozart und Salieri6 und deutscher und italienischer Musik statt. Mozarts neukomponiertes Singspiel Der Schauspieldirektor (KV 486) stand Salieris Opera buffa Prima la musica, e poi le parole gegenüber. Diese Stücke waren von dem Kaiser in Auftrag gegeben worden, wobei er auch die Handlungen der Stücke bestimmt hatte. Am Ende gewann Salieris Oper, jedoch ist es laut einiger Experten auch möglich, dass diese Entscheidung nur getroffen wurde, weil Salieris Opera buffa länger war und deshalb mehr für Unterhaltung sorgte.7 Salieri verließ die Orangerie mit 100 Dukaten, Mozart nur mit 50.

Die Orangerie in Schönbrunn war nicht der einzige höfische Raum, in dem Mozarts Musik gespielt wurde. Nach dem Tode von Christoph Willibald Ritter von Gluck im Jahr 1787 wurde Mozart von Josephs II. zum Hofkompositeur ernannt. Dieser Titel bedeutete viel weniger als es scheint, denn die einzige Aufgabe, die Mozart zu tun hatte, war, Tanzmusik für jeden Karneval zu schreiben, die dann zum Tanz für die Gäste in den Redoutensälen gespielt wurden. Alle Bürger durften das Fest besuchen, solange er oder sie sich maskiert und nett verhielten. Die Haupttänze waren das Menuett und die deutschen Tänze 8, aber inoffiziell waren die Menuette nur für die Adligen und die deutschen Tänze nur für die niederen Stände.9 Mozart zeigt diesen Unterschied auch in seiner Musik. Während die Menuette höfisch und festlich sind, enthalten die deutschen Tänze oft außergewöhnliche Instrumente wie z.B. die Posthörner und Glöckchen in „der Schlittenfahrt“ (KV 605). Andere enthalten Piccoloflöte, Tamburine und Leierkasten.10

 

 

  1. Vgl. Manfred Pittioni: Das Fest in der Orangerie zu Schönbrunn. Das historische Umfeld Wiens im Jahre 1786. In: Paolo Budroni: Mozart und Salieri – Partner oder Rivalen, Göttingen 2008, S. 40. []
  2. Eine Orangerie ist ähnlich einem Wintergarten, aber meistens viel größer und wird für Zitruspflanzen benutzt. []
  3. Vgl. Wolfgang Greisenegger: Höfische Theaterfeste in Wien. Oder: Kaiser Joseph schenkt Marie-Christine den Frühling. In: Budroni 2008, S.71. []
  4. Paolo Budroni: Auf Spurensuche in der größten wissenschaftlichen Bibliothek Österreichs. In: Budroni 2008, S.17. []
  5. Greisenegger 2008, S.71. []
  6. der Hofkomponist []
  7. Vgl. Rainer J. Schwob, Partner oder Rivalen?. Italienische Oper und deutsches Singspiel in der Ära Josephs II. In: Brudroni 2008, S.81. []
  8. Damals „teutsche“ genannt. []
  9. Vgl. Eric Blom, The Minuet Trio. In Music & Letters 22, 1941, S.169. []
  10. Vgl. Blom 1941, S.170. []