Das Burgtheater – Ein Ort der Begegnungen

Das alte Burgtheater, etwa zur Zeit Mozarts. (rechts auf dem Bild, links die Hofburg) Gemälde von Robert Raschka.

Kaum ein anderes Theater wurde in einschlägiger Literatur, sowohl in der Theaterwissenschaft wie auch in der Musikwissenschaft, so oft besprochen wie das Burgtheater. Ganze Ausstellungen widmen sich diesem Thema. Kein Wunder, hat sich doch Wien als Zentrum der Musik in Europa über viele Jahrzehnte hinweg als wichtigste Musikstadt überhaupt etabliert; nicht zuletzt deshalb wurde die „Wiener Klassik“, mit dem Namen der Stadt versehen, obwohl es sich ja eigentlich um das Wirken der Komponisten Mozart, Beethoven und Haydn handelt. So mag es kaum verwundern, dass das Burgtheater, welches freilich in dieser Stadt steht, beinahe zu einem österreichischen Kulturheiligtum stilisiert wurde. Nicht zuletzt gehen die Wiener heute immer noch nicht „ins Theater“ oder „sich ein Stück ansehen“, sondern sie gehen „in die Burg“. So kann die These vertreten werden, dass das Burgtheater als „Ort der Begegnungen“ eine wichtige kommunikative Funktion im Wiener Stadtleben einnimmt.1
Eigentlich muss man von zwei Burgtheatern sprechen, dem alten Burgtheater am Michaelerplatz, das in Folge notwendiger Vergrößerungen der Hofburg abgerissen wurde, und dem daraufhin neu gebauten Burgtheater an der Ringstraße. Mozart kannte jedoch nur das alte Burgtheater, das neue wurde erst ca. 100 Jahre nach Mozarts Tod eröffnet.

Schwerer Start

Am 14. März 1741 erhält der Pächter des Theaters am Kärntnertor Joseph Karl Selliers die Erlaubnis, ein kleines Ballhaus, welches direkt an der Wand der Hofburg angeschlossen war, in ein Theater umzubauen. Als das alte Burgtheater nach seiner Fertigstellung 1748 eröffnet wurde, hatte es nach einer allgemeinen Theatersperre durch Kaiserin Maria Theresia, die generell keine Theaterfreundin gewesen zu sein scheint, einen komplizierten Start vor sich. Warum sie dennoch die Genehmigung zum Bau des Theaters erließ, ist nicht klar: Wahrscheinlich kann ein Publikum, das mit der Zerstreuung durch das Theater beschäftigt ist, weniger Einfluss auf politische Entscheidungen als Volk nehmen.2
In der ersten Zeit ist das Theater, auch den geldzehrenden Umbaumaßnahmen geschuldet, von Geldmangel betroffen und erzielt eher wenige Einnahmen. Der Hof brauchte es ohnehin nur zu Repräsentationszwecken. Das „königliche Theater nächst der Burg“, wie es betitelt wurde, wurde hauptsächlich vom Adel geführt, der den Theaterbetrieb durch Abonnements förderte. Es entwickelte sich so nach ersten Startschwierigkeiten ein Stammpublikum.

Theater und Musik

Dem leichtlebigen Wiener Publikum wurden, besonders in der ersten Zeit, einfache Lustspiele dargeboten, ergänzt von Possen und dem eigenen Wiener „Hanswurst-Theater“.3 Kaum verwunderlich ist es daher, dass deshalb immer wieder Opern oder Konzerte hier stattfanden, die die Lustspiele vortrefflich ergänzten. Dramatische Stücke konnten am Haus nur dann gehalten werden, wenn sie durch Kaiser Joseph II. finanziert wurden. Generell ist wichtig zu erwähnen, dass das Haus durch die Unterstützung des Kaisers keine Schließung zu fürchten brauchte und so auch manch unpopuläres Stück im Spielplan hatte. Ohnehin war dies die einzige Chance, dem konservativen Wiener Publikum neue moderne Werke schmackhaft zu machen.

Mozart im Burgtheater

Auch Mozart gehörte natürlich zu denjenigen Komponisten, die neue Werke am Burgtheater aufführen ließen, allerdings brauchten sie weitaus weniger Unterstützung, um beim Wiener Publikum Eindruck zu machen. Neben den drei großen Opern Die Entführung aus dem Serail KV384 am 16. Juli 1782, Le nozze di Figaro KV492 am 1. Mai 1786 und Così fan tutte KV588 am 26. Januar 1790, führte Mozart hier zahlreiche seiner Klavierkonzerte, Symphonien, Singspiele und Rondi zum ersten Mal auf.4

Die Entführung aus dem Serail (uraufgeführt im Burgtheater). Ankündigung zur Aufführung.

Gefördert durch Joseph II., welcher in seinem Reformbestreben besonders deutsche Werk schätzte, nicht zuletzt durch die Umbenennung des Theaters in „deutsches Nationaltheater“, konnte Mozart erst Die Entführung aus dem Serail hier uraufführen. Obwohl im Theaterbereich zu Mozarts Zeit bereits deutsches Repertoire gespielt wurde, war dies für Opern weitaus unüblicher. Im Gegensatz zu seinen persönlichen Sälen war Mozart im Burgtheater, trotzdem er nicht weniger Sensationen dort auslöste, eher ein Komponist unter vielen weiteren Komponisten und Theatermachern, die hier aufführten. Der königliche Anstrich des Burgtheaters trug aber sicherlich dazu bei, dass Mozart in Wien die Berühmtheit erlangte, die er bis heute genießt:

"Ich glaube es wird nicht nöthig seyn ihnen viel von dem erfolg meiner academie zu schreiben, sie werden es vieleicht schon gehört haben. genug; das theater hätte ohnmöglich völler seyn können, und alle logen waren besetzt. - das liebste aber war mir, daß seine Mayestätt der kayser auch zugegen war, und wie vergnügt er war, und was für lauten beyfall er mir gegeben; [...] seine zufriedenheit war ohne gränzen; - er hat 25 duccaten geschickt."5

  1. Vgl. Klaus Bachler. In: Das Burgtheater. Mythos – Eros – Imago. Hrsg. von Beate Hochholdinger-Reiterer. Wien u.a. 2004, S.7f. []
  2. Vgl. Beate Hochholdinger-Reiterer Rudolph Lothar: Das Wiener Burgtheater. Berlin 1899, Vorwort. []
  3. Dieses kann am ehesten mit einem Improvisationstheater verglichen werden, in dem kein feststehender Text zu Grunde liegt. []
  4. Vgl. Ulrich Konrad: Mozart-Werkverzeichnis. Kompositionen, Fragmente, Skizzen, Bearbeitungen, Abschriften, Texte. Kassel u.a. 2005, jeweilige Gattung. []
  5. Brief vom 29. März 1783. In: Briefe und Aufzeichnungen, Bd. 3. Hrsg. von Wilhelm A. Bauer/Otto Erich Deutsch. Kassel 2005, S. 261. []