Anhang zu Mozarts Wohnung Nr. 2

Mozart: Brief an seinen Vater vom 25. Juli 1781

"Ich sage noch einmal daß ich schon längst im sinn gehabt ein anderes logis zu nehmen, und das nur wegen dem Geschwätz der leute; - und mir ist leid daß ich es, wegen einer albernen Plauderey woran kein wahres Wort ist, zu thun gezwungen bin. ich möchte doch nur wissen was gewisse leute für freude haben können ohne allen Grund so im tage hinein zu reden. - weil ich bey ihnen Wohne, so heyrathe ich die tochter; von verliebt seyn war gar die rede nicht, über das sind sie hinausgesprungen; sondern ich logire mich ins hauß, und heyrathe. - wenn ich mein lebetag nicht aufs heyrathen gedacht habe, so ist es gewis izt! - denn,  | : ich wünsche mir zwar nichts weniger als eine Reiche frau : | wenn ich izt wirklich durch eine heyrath mein glück machen könnte, so könnte ich unmöglich aufwarten, weil ich ganz andere dinge im kopf habe. - gott hat mir mein Talent nicht gegeben, damit ich es an eine frau henke, und damit mein Junges leben in unthätigkeit dahin lebe. - ich fange erst an zu leben, und soll mir es selbst verbittern; - ich habe gewis nichts über den Ehestand, aber für mich wäre er dermalen ein übel. -  Nun, da ist kein ander Mittel, ich muß, wenn es schon nicht wahr ist, wenigstens den schein vermeiden; - obwohl der schein an nichts anders beruht, als - daß ich da wohne - denn, wer nicht ins hause kömmt, der kann nicht einmal sagen daß ich mit ihr so viel umgang habe wie mit allen andern geschöpfen Gottes; denn, die kinder gehen selten aus - nirgends als in die komödie, und da gehe ich niemalen mit, weil ich meistens nicht zu hause bin zur comoedie stunde. - Ein Paarmal waren wir im Prater, und da war die Mutter auch mit; und ich da ich im hause bin konnte es nicht abschlagen mitzugehen. - und damals hörte ich noch keine solchen Narrensreden. danmuß ich aber auch sagen, daß ich nichts als meinen theil zahlen durfte. – und, da die Mutter solche reden selbst gehört, und auch von mir aus weis, so muß ich sagen, daß sie selbst nicht mehr will, daß wir zusammen wohin gehen sollen, und mir selbst gerathen wo anderst hin zu ziehen, um fernere verdrüsslichkeiten zu vermeiden; denn sie sagt, sie möchte nicht unschuldigerweise an meinen unglücke schuld seyn. - das ist also die einzige ursache warum ich schon längst | : seitdem man so schwätzt : | im sinn gehabt wegzuziehen - und in so weit wahrheit gilt, habe ich keine; was aber die Mäuler anbelangt, habe ich ursache. - und wenn diese reden nicht giengen, so würde ich schwerlich wegziehen. dann, ich werde freylich leicht ein schöners zimmer bekommen, aber die Commoditè, und so freundschaftliche und gefällige leute schwerlich; - ich will auch nicht sagen daß ich im hause mit der mir schon verheyratheten Mademoiselle trotzig seye, und nichts rede - aber verliebt auch nicht; ich Narrire und mache spaß mit ihr, wenn es mir die zeit zuläst | : und das ist nur abends wenn ich zu hauß soupire - denn, Morgens schreibe ich in meinen zimmer und Nachmittags bin ich selten zu Hause : | und also - sonst weiter nichts; wenn ich die alle heyrathen müsste, mit den ich gespasst habe, so müsste ich leicht 200 frauen haben. [...]"1

  1. Mozart. Briefe und Aufzeichnungen – Gesamtausgabe, Bd. 3. Hrsg. von Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg. Kassel 2005, S. 140 ff. []